Wednesday, August 22, 2012

Die Gazelle (Rainer Maria Rilke)

Gazella dorcas

Verzauberte: wie kann der Einklang zweier
erwählter Worte je den Reim erreichen,
der in dir kommt und geht, wie auf ein Zeichen.
Aus deiner Stirne steigen Laub und Leier,

und alles Deine geht schon im Vergleich
durch Liebeslieder, deren Worte, weich
wie Rosenblätter, dem, der nicht mehr liest,
sich auf die Augen legen, die er schließt:

um dich zu sehen: hingetragen, als
wäre mit Sprüngen jeder Lauf geladen
und schösse nur nicht ab, solang der Hals

das Haupt im Horchen hält: wie wenn beim Baden
im Wald die Badende sich unterbricht:
den Waldsee im gewendeten Gesicht.


Enchanted one! How can the chord of two
well-chosen words attain the perfect rhyme
that comes and goes, as at a sign, in you?
Up from your brow the leaves and lyre climb,

and all that's yours yet moves in simile
through love-words tender as the leaves of roses
that, as one tires of reading poetry,
are laid upon the eyelids that he closes

so as to see you: borne as though a spring
at every step were loaded with a leap,
held back while the slim neck in listening

uplifts the head, as when in forest deep
a bather rises startled from her place,
the forest pool within her turning face.

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